„Wenn du das Kopfkissen wechselst, schläfst Du nicht“, sagt ein japanisches Sprichwort. Jetzt haben US-Forscher herausgefunden, warum die erste Nacht in fremden Betten oft so wenig erholsam ist. Die linke Hirnhälfte verharrt nämlich in der nun ungewohnten Umgebung in einer Art Lauerstellung und bleibt wacher als die rechte.
Dies berichten Wissenschaftler der Brown University in Providence im US-Bundesstaat Rhode Island. „Wir wissen, dass Meerestiere und manche Vögel einen solchen Ein-Hemisphären-Schlaf haben, bei dem eine Hirnhälfte wach bleibt und die andere schläft“, erläutert Yuka Sasaki, Professorin für Kognitive Linguistik und Psychologie. Zwar würden menschliche Gehirne nicht ebenso asymmetrisch arbeiten wie die von Meerestieren. Aber womöglich „haben unsere Gehirne ein Miniatur-System dessen, was Wale und Delfine haben“, vermutet Sasaki.
Das Team um Yuka Sasaki nahm mit Hirnstrommessungen und bildgebenden Verfahren den Schlaf von 35 Freiwilligen in der ersten und der achten Nacht im Schlaflabor unter die Lupe. Ergebnis: In der ersten Nacht waren die linken Hirnhälften in der sonst erholsamen,
langwelligen Tiefschlafphase besonders leicht anzusprechen. Der Unterschied war in jenen Gehirnregionen zu sehen, die sonst unsere Tagträumereien und Gedankenketten generieren.
Strategien gegen Schlafstörungen
Für den Schlafforscher Dieter Riemann vom Universitätsklinikum Freiburg sind die neuesten Studienergebnisse hochinteressant. Die Ergebnisse passten in eine Forschungsrichtung, die davon ausgehe, dass Schlaf kein absolut homogener Zustand des gesamten Gehirns, sondern auf lokale Regionen im Gehirn begrenzt, sei.
Riemann zufolge lassen sich daraus generell Strategien zur Behandlung von Schlafstörungen entwickeln. „Wir gehen davon aus, dass bei chronischen Insomnien eine permanente Übererregtheit – letztendlich Ausdruck einer Habacht-Stellung – vorliegt.“ Bei chronischen Schlafstörungen könnten Entspannungstechniken, aber auch gezieltes Später-ins-Bett-Gehen helfen.
Um dem Fluch der ersten Nacht zu entgehen oder ihn zumindest zu lindern, empfiehlt Sasaki Reisenden, ihr eigenes Kopfkissen mitzunehmen oder stets ähnliche Hotels zu buchen. Möglicherweise seien Vielreisende jedoch auch in der Lage, die nächtliche Habacht-Stellung auszuschalten. „Menschliche Gehirne sind sehr flexibel.“ An der Brown University versuche man derzeit, den „wachen“ Teil des Gehirns mit einer bestimmten Technik auszuschalten.