Viele Menschen berichten davon, bei Vollmond schlechter zu schlafen – von Ein- und Durchschlafproblemen bis hin zu schlaflosen Nächten. Die einen halten das für Einbildung, andere für einen Beweis der Mondkraft. Doch was sagt die Forschung?
Ein oft genannter Grund für Schlafstörungen bei Vollmond ist die Helligkeit des Nachthimmels. In dieser Phase reflektiert der Mond das Sonnenlicht besonders intensiv – laut Messungen ist es bis zu zehnmal heller als an gewöhnlichen Nächten. Dieses Licht kann über die Zirbeldrüse die Ausschüttung von Melatonin hemmen – jenes Hormon, das für unseren Tag-Nacht-Rhythmus verantwortlich ist. Sinkt der Melatoninspiegel, fällt das Einschlafen schwerer.
Tatsächlich kam eine Studie der Universität Basel im Jahr 2013 zu dem Ergebnis, dass Probanden bei Vollmond rund 20 Minuten später einschliefen und insgesamt weniger schliefen. Allerdings wurde diese Studie später stark kritisiert: Zu wenige Versuchspersonen, zu kurze Beobachtungszeit, kein eindeutiger Beweis.
Psychologische Faktoren: Der Glaube an den Mythos
Viele Schlafforscher gehen deshalb davon aus, dass der Glaube an die Wirkung des Mondes eine bedeutende Rolle spielt. Wenn jemand überzeugt davon ist, bei Vollmond schlecht zu schlafen, kann genau diese Erwartung zu einem unruhigen Schlaf führen. Der Schlafmediziner Jens Acker etwa verwies in einem Interview darauf, dass es weniger der Mond als vielmehr die eigene Einstellung sei, die den Schlaf störe.
Schlaf ist generell ein sensibles System: Stress, Sorgen, Schichtarbeit, familiäre Konflikte oder Alkoholkonsum können ihn ebenso stören – oft mehr als äußere Lichtquellen.
Was sagt die Forschung?
Die Wissenschaft liefert bislang kein einheitliches Bild. Nach der Basler Untersuchung kamen weitere Studien zu anderen Ergebnissen. Eine Untersuchung des Max-Planck-Instituts fand 2014 keinen Zusammenhang zwischen Vollmond und Schlafqualität. Dagegen berichtete eine Studie der Universität Washington 2021 über kürzere Schlafphasen bei Vollmond – sowohl bei Stadtbewohnern als auch bei Menschen ohne Zugang zu künstlichem Licht.
Einige Forscher vermuten sogar, dass der Einfluss des Mondes auf den menschlichen Körper ähnlich funktionieren könnte wie sein Einfluss auf Ebbe und Flut – schließlich besteht der menschliche Körper zu rund 70 Prozent aus Wasser. Doch auch hier fehlt bislang ein überzeugender Nachweis.
Ein Problem: Die Methoden der Schlafforschung gelten vielerorts als veraltet. Die Messungen basieren meist auf punktuellen EEGs, die nur einen kleinen Teil der Hirnaktivität erfassen. Umfangreiche Langzeitstudien mit repräsentativen Teilnehmerzahlen und modernen Messmethoden stehen bisher aus.
Was hilft bei Schlafproblemen?
Unabhängig vom Einfluss des Mondes gilt: Wer dauerhaft schlecht schläft, sollte auf gute Schlafhygiene achten. Dazu zählen:
- Verdunkelung des Schlafzimmers – besonders bei hellem Vollmond
- Konstante Raumtemperatur von etwa 18 Grad Celsius
- Verzicht auf Alkohol und schwere Mahlzeiten vor dem Zubettgehen
- Bildschirmfreie Zeit mindestens eine Stunde vor dem Schlaf
- Ruhige Rituale, etwa Lesen oder Entspannungsübungen
Bei akuter Schlaflosigkeit kann es helfen, das Bett zu verlassen, statt sich zum Einschlafen zu zwingen. Ein ruhiger Ort, ein Buch und etwas Geduld können oft Wunder wirken.
Ob der Vollmond tatsächlich unseren Schlaf beeinflusst, ist wissenschaftlich nicht abschließend geklärt. Die Meinungen gehen weit auseinander – die einen sehen psychologische Ursachen, andere halten einen biologischen Zusammenhang für plausibel. Bis belastbare Daten vorliegen, bleibt nur: auf gute Schlafbedingungen achten und sich nicht verrückt machen. Denn oft liegt der Schlüssel zum erholsamen Schlaf weniger am Himmel als im eigenen Alltag.