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Schlafen im Elternbett: Total verwöhnt oder natürliche Geborgenheit?

Das Thema Familienbett spaltet die Gemüter. Während einige Eltern darin die ultimative Geborgenheit für ihr Kind sehen, warnen andere vor späteren Problemen mit Selbstständigkeit und Schlafgewohnheiten. Doch was sagt die Wissenschaft dazu? Tatsächlich sprechen zahlreiche Untersuchungen für das gemeinsame Schlafen von Eltern und Kindern.

Viele Eltern sorgen sich, dass sie ihre Kinder zu sehr verwöhnen, wenn sie sie mit ins Bett nehmen. Doch Experten widersprechen: Babys und Kleinkinder sind darauf programmiert, in der Nähe ihrer Bezugspersonen zu schlafen. Evolutionsbiologisch betrachtet, war das Schlafen in der Gemeinschaft der sicherste Weg, um vor Gefahren geschützt zu sein. In vielen Kulturen ist es bis heute selbstverständlich, dass Kinder mit den Eltern das Bett teilen.

Sicher schlafen

Kinderarzt Herbert Renz-Polster sieht die Angst vieler Eltern als unbegründet: „Die Debatte um die Gefährlichkeit des Elternbetts in Deutschland ist geprägt von Emotionen, Ängsten und Mythen“, sagt er. Tatsächlich gibt es keine wissenschaftlich gesicherten Beweise dafür, dass das gemeinsame Schlafen schädlich sei. Im Gegenteil: Studien deuten darauf hin, dass Babys im Bett der Eltern sogar sicherer schlafen als alleine.

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Die Sorge um den plötzlichen Kindstod (SIDS) wird oft als Argument gegen das Familienbett genannt. Wissenschaftler wie der britische Forscher Peter Blair kommen jedoch zu dem Schluss, dass das Risiko nur in bestimmten Fällen erhöht ist – etwa wenn die Eltern rauchen, Alkohol konsumieren oder das Bett ungeeignete Bedingungen aufweist (z. B. zu weiche Matratzen oder große Kissen). Werden diese Faktoren ausgeschlossen, scheint das gemeinsame Schlafen kein erhöhtes Risiko darzustellen.

Starke Bindung

Doch nicht nur das Kind profitiert vom Familienbett. Eltern berichten, dass das Stillen in der Nacht erleichtert wird und die gesamte Familie mehr Schlaf bekommt. Kinderschlafexpertin Sarah Ockwell-Smith erklärt: „Wenn Babys schneller beruhigt werden können, schlafen auch die Eltern besser. Das gemeinsame Schlafen stärkt zudem die Bindung zwischen Kind und Eltern.“

Gegner des Familienbetts führen häufig an, dass Kinder dadurch unselbstständig werden. Doch die Forschung spricht eine andere Sprache. In vielen Ländern, in denen Co-Sleeping die Norm ist, entwickeln Kinder eine starke emotionale Sicherheit und Selbstständigkeit. Nicola Schmidt, Autorin des Buches „Artgerecht – Das andere Babybuch“, betont: „Kinder unter zwei Jahren kann man nicht verwöhnen, denn zu viel Liebe gibt es nicht.“

Angst vor negativen Reaktionen

Viele Eltern fühlen sich dennoch verunsichert und fürchten Kritik, wenn sie offen zugeben, dass ihr Kind bei ihnen schläft. Eine britische Umfrage zeigte, dass fast die Hälfte aller Mütter ihr Co-Sleeping verschweigt, weil sie Angst vor negativen Kommentaren hat.

Was bleibt, ist die Frage nach der besten Lösung für jede Familie. Schlafexperten raten dazu, individuelle Entscheidungen zu treffen, ohne sich von gesellschaftlichen Normen unter Druck setzen zu lassen. Irgendwann kommt ohnehin der Moment, in dem Kinder von selbst in ihr eigenes Bett umziehen. Herbert Renz-Polster bringt es auf den Punkt: „Irgendwann will jedes Kind alleine schlafen. Bis dahin sollten Eltern sich nicht von unbegründeten Sorgen verunsichern lassen.“